In der aktuellen „Diskussion“ um Google Streetview werden Ängste geschürt.
Dies erfolgt einerseits absichtlich (Politiker-PR + wirtschaftlicher Interessen von Unternehmen, die nicht zu Google gehören), andererseits aus mangelnder IT-Kompetenz seitens von Journalisten (vgl: Dank Jennifer Koch stehen sie nun mit Namen UND Haus suchbar im Internet…).
Meines Erachtens tut niemand sich und der Sache einen Gefallen, der versucht in dieser hysterisch gewordenen Diskussion mit Hilfe von Aktionismus, politischen Statements oder gar Anträgen mitzumischen.
Stattdessen muss man die Menschen aufklären und das entsprechende Wissen fördern.
Dies kann nur geschehen, indem man auf die Leute zugeht und es ihnen erklärt, was heute möglich ist. Indem man ihnen nicht nur die Nachteile eines Teilaspekts einer Anwendung zeigt, sondern auch die Vorteile.
Indem man Leute überzeugt, das Transparenz keine Bedrohung sondern Gewinn sein kann. Das man den Leuten beibringt, wo und wie man eine Linie zieht zwischen „persönlich öffentlich“, „privat öffentlich“ und „privat nichtöffentlich“.
Die Datenschützer, die in den vergangenen Jahren aktiv waren und es noch sind, haben an dieser Stelle ihres Aufgabengebietes leider vollkommen versagt.
Viele Datenschützern wissen auch nichts von ihrer gleichzeitigen Stellung als Beauftragte für Informationsfreiheit. Denn darüber wurden sie nie informiert, noch ist dies etwas, was gern gesehen wird und leicht durchsetzbar ist. Die meisten behördlichen Datenschützer waren daher in den vergangenen Jahren nur als Datenverhinderer tätig, die sich meist gegen berechtigte und begründete Informationansprüche der Öffentlichkeit wendeten.
Als Beispiel verweise ich nur auf die unzählichen Urteile gegen Datenschützer
zu öffentlichen Meinungsbewertungsportalen. Wer im Netz suchen mag: Urteile zur Plattform MeinProf, zu diversen Bewertungssites, etc pp.
Wie auch immer: Von Seiten der behördlich bestimmten Datenschützer gab es in den letzten Jahren allenfalls öffentlichkeitswirksame CONTRA-Meinungen zu neuartigen Onlinedinesten. Es gab aber kaum bis keine Tätigkeiten die zur Aufklärung, zur Bildung oder zu einem Mehr an Informationsfreiheit führten.
Noch schlimmer: Viele Datenschutzbeauftragten, insbesondere solche die eine reine Juristenausbildung genossen, aber wenig bis keinen Kontakt zur IT hatten, handeln nicht viel mehr als bürokratische Türsteher:
Gut ist nur, was vorher bei Ihnen formal beantragt wurde. Egal, welchen Inhalt es hat.
Wenn die Formalität des Antrags erfüllt wurde, ist das beantragte System gut. Wenn es nicht oder zu spät beantragt wurde, sieht der zuständige Datenschützer es als Angriff auf sich selbst und das betreffende System wird als schlecht angesehen.
Aufgrund der mangelnden IT-Ausbildung (meist reine Juristen) haben viele Datenschützer auch kaum Gelegenheit, eine andere Entscheidungsmethodik als diese zu finden.
Datenschutz besteht in der Praxis also meistens aus der Verhinderung jeglichen Datenflußes. Ein potentieller Missbrauch von Daten dagegen wird durch Datenschützer so gut wie nie behandelt, verfolgt oder gar aufgedeckt.
Personenbezogener Datenschutz fängt jedoch bei den Menschen selbst an.
Das die Menschen wissen, was ihre informationelle Selbstbestimmung ist, dass die sowas haben, aber auch wo dessen Grenzen sind.
Wo ist denn bitte die Grenze bei Google Streetview, wenn zwei Besitzer einer Immobilie in einem Haus unterschiedliche Meinung haben? Der eine will dass das Haus im Netz sichtbar ist und macht auch gern
Fotos, der andere will die Hauswand nicht zeigen?
Welches Recht gilt höher? Etwa das Recht desjenigen, der gerade diverse Redakteure von Leitmedien auf seiner Seite hat? Und wo ist die Grenze zu ziehen, wenn die Tochter des einen Besitzers, der nicht in Google Streetview erscheinen will, in Facebook Bilder hochläd, wo das Haus ebenfalls zu sehen ist. Zusammen mit Daten zu ihr selbst?
Und von der Panoramafreiheit will ich jetzt garnicht anfangen zu schreiben.
Für Leute, die aufgrund er laufenden Diskussion unbedingt meinen, politische Anträge oder theoretische Leitbilder formulieren zu müssen:
Dann tut das, aber an der richtigen Stelle. Nicht in erster Linie bei der Frage nach Datenschutzgesetzen, sondern nach der Frage der mangelhaften Ausbildung, der Frage nach dem fehlenden Abstraktionsvermögen vieler Bürger gegenüber Nachrichten.
Solange viele Menschen nicht in der Lage sind, Nachrichten von einzelnen Medien skeptisch zu bewerten und mit anderen Informationen zu vergleichen, solange werden die durch Leitmedien publizierten Halbwahrheiten das Meinungsbild der Menschen bestimmen und lenken.
Das Google bei diesen Leitmedien schlecht wegkommt verwundert nicht. Unterschwellig dürfte da ein tiefsitzenden Groll von Medienunternehmen und Journalisten gegen die Firma vorliegen, nachdem vor Jahren das Angebot Google News herauskam. Denn dies ist eine der wenigen Möglichkeiten wo jeder Mensch einfach und schnell vergleichen kann, welche Medien wirklich Recherche treiben, welche voneinander abschreiben und welche ungewollte Informationen weglassen. Wo also die Arbeit oder genauer gesagt, die mangelhafte Arbeit von Redaktionen sehr transparent wird.
Ebenfalls politisch zu hinterfragen wäre die Art der Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Sender. Gerade diese haben enormen Einfluß auf das öffentliche Meinungsbild. Daher haben gerade diese ausführlich und vollständig zu berichten. Die jetzige Berichterstattung tut dies jedoch nicht, bzw. fängt diese erst jetzt an, Informationen nachzuschieben, die schon in der Meinungsbildungsphase eine Rolle gespielt hätten. Z.B. der Hinweise auf Microsoft Bing, auf die Arbeit von Scoringunternehmen etc.
Lange Rede, kurzer Sinn:
Die Diskussion um Google Streetview basiert auf Ängsten. Um diesen Ängsten zu begegnen bedarf es Aufklärung und Wissen. Erst aufgrund dieser Grundlage können Entscheidungen gefällt werden, die jeweils auf privater, persönlicher, wirtschaftlicher oder politischer Ebene sinnvoll sind.
Und weil es hier so schön passt, dieses Video:
Jeglicher politischer Aktionismus der jetzt auftritt, entlarvt dagegen lediglich solche, die über eine mangelde IT-Kompetenz verfügen. Denn wäre es anders, wären sie nicht überrascht über das Thema, sondern wären schon viel länger da dran gewesen.
Ich verstehe die ganze Diskussion nicht, schämen sich die Deutschen für Ihre Häuser.
Schicken selber Ihre persönlichen Daten durch das netz und heulen dann rum wenn Ihr Haus Fotografiert wird.