Morgen, am 8. Juni 2011, findet der diesjährige IPv6 Day statt. Wiedereinmal ein IPv6-Tag.
Und viele Sites, darunter auch die Webauftritte an der Uni Erlangen, zeigen, daß es prinzipiell längst möglich und üblich sein könnte. Via Ipv4 werden die vom RRZE betreuten Webauftritte über die Adresse 131.188.16.200 erreichbar gehalten.
Sie können jedoch auch über der IP-Adresse 2001:638:a00:188::83bc:1053 erreicht werden. Von Seitens der Apache-Server brauchte hierzu keinerlei Änderung der Konfiguration vorgenommen werden, da die ca. 600 virtuellen Hosts über NameVirtualHost und nicht über eine „flatterhafte“ IP-Adresse definiert sind.
Die einzigen, die was tun mussten, waren die DNS-Admins und der Sysadmin, die entsprechende Konfigurationseinträge für DNS und Server aktivieren mussten.
Warum also ist IPv6 also überhaupt ein Problem, wenn es doch nur um lässliche Konfiguration geht? Und warum machen wir es nicht via DNS per Default? Warum ist schon wieder ein weltweiter IPv6-Tag notwendig?
Ich sehe zwei Gründe:
Zum einen ist es eine „natürliche“ Scheu bzw. Vorsicht, die gerade im Netzbereich vorherscht, bei der Umstellung auf neuen Protokollen. IPv4 ist nunmal langbewährt und stabil. Man kan gelernt damit umzugehen und zu leben. IPv6 dagegen ist ungewohnt und man ist sich nicht sicher, ob es da draußen nicht doch noch wichtige Kunden oder Anwendungen gibt, die damit Probleme haben. Vergleichbar erscheint mir hier die Situation bei Webentwicklern, die vor der Entscheidung standen, endlich den IE6-Support einzustellen.
Wenn die Entscheidung getroffen wurde, muss man sie dann auch durchziehen. Auch wenn irgendwann ein paar ewig veraltete Systeme auftauchen die angeblich nicht aktualisiert werden können; Die Entscheidung, den IE6 und NS4 nicht mehr zu berücksichtigen hat sich später für alle Beteiligten als richtig und fruchtbar erwiesen.
Inzwischen haben sogar größere Firmen, wie bspw. Google, aus den Erfahrungen den Wagemut gewonnen, bei zukünftigen Websites noch viel früher den Support für alte Browsersysteme aufzugeben.
Meines Erachtens fehlt es im Bereich der Netzwerkadministration noch an einer ähnlich Erfahrung, beim Abschneiden alter Zöpfe. (Anmerkung: Stimmt aber nicht ganz. Vor IPv4 gab es auch andere Protokolle; Allerdings gibt es kaum Netzwerkadministratoren, die damals, vor über 17 Jahren, schon dabei waren. Und die Reichweite von Entscheidungen lokaler Administratoren war auch eine andere). Also: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.
Der andere Grund ist fast unglaubhaft: Einige Hersteller von Netzwerkgeräten und hardwarebasierten Lastverteilern bieten bis heute noch immer kein zufriedenstellenden IPv6-Support. Andere wollen sich damit eine goldene Nase verdienen, indem Sie dafür Lizenzgeld verlangen, daß die entsprechende und vorhandene Funktion in Geräten schlichtweg nur eingeschaltet werden kann.
In meinem eigenen Arbeitsbereich fällt hier die Cisco ACE Application Control Engine auf, bei der die Unterstützung von IPv6 mehr schlecht als recht ist. Und dies bei einem Gerät, welches aktuell vertrieben wird und nicht etwa vor 10 Jahren ausgeliefert wurde.
Auch hier muss es Besserung geben. Möglicherweise fehlt es auch hier nur eines Vorreiters, der es einfach per Default anbietet, damit die anderen nachziehen und auf ihre vermeintlichen finanziellen Gewinnerzielungsstrategien verzichten müssen.
Wie auch immer: Ich wünsch dem IPv6-Day alles Gute und damit ein baldiges Ende: Das wir diesen Tag hoffentlich bald nicht mehr haben brauchen, um IPv6 zu fördern, sondern das IPv6 ein Netz-Default wird.