Context matters – Einsatzkontext ist wichtiger als Dogmatik

Heute hab mir erlaubt, meine Follower auf Twitter in die Irre zu führen.
Und zwar aufgrund eines kleinen Experimentes.

Ich stellte die folgende Frage zusammen mit einer Umfrageoption:

Produkt A erfüllt die Anforderungen an Datenschutz. Versagt aber in .
Produkt B versagt in den Anforderungen zum Datenschutz, erfüllt dafür aber die der .
Welches Produkt sollte genommen werden?

Als Auswahloptionen gab ich an:

  • Produkt A
  • Produkt B
  • Keines der beiden
  • Beide

Was wäre Deine Antwort?
Oder würdest du zuächst nachfragen?

Nach kurzer Zeit kamen schon eine Reihe von Stimmen dazu.

Screenshot der Umfrage auf Twitter

Jeweils 3% der Teilnehmer waren für Produkt A bzw B, 87,9% stimmten für Antwort „Keines von Beiden“, 6,1% nochmal für „Beide“.

Jetzt wo man diesen Beitrag ließt und der Titel oben drüber steht, ist es offensichtlich, dass die einfache Frage doch einen Hintersinn hatte.

Die Auflösung ist: Keine Antwort ist richtig. Auch die Antwort „Keine der beiden“ ist falsch.

Denn weder gibt es 100% Datenschutz noch gibt es 100% Barrierefreiheit. Es handelt sich um komplexe Systeme, deren Benutzerkontext, Anforderungen und Ansprüche dauernd im Wandel sind.
Jegliche absolutistische Aussage muss daher falsch sein.

Hä? Was sollte das dann? Was war jetzt der Sinn der Sache?

Das ganze soll zum Nachdenken anregen über viele Aussagen und Stellungnahmen, diese oder jenes System zu nehmen oder sich dem zu versagen. Aussagen und Stellungnahmen sind stets zu hinterfragen – auch wenn sie aus berufenen Munde kommen.

Ich muss jetzt nicht auf bekannte Empfehlungen von Datenschutzbehörden (zum Beispiel zum EInsatz von Videokonferenzsystemen oder Analyseverfahren) hinweisen oder auf die von IT Sicherheitsleuten. Sie sollten bekannt sein.

Der Punkt ist aber eines: Ein komplexes System hat immer einen Zweck, den es möglichst umfassend erfüllen können soll. Der Zweck eines Systems, zum Beispiel eines Videokonferenzsystems, ist es aber nicht Datenschutz mustergültig zum implementieren. Oder die die Barrierefreiheit.
Der Zweck eiens Videokonferenzsystems ist es, ein Videokonferenzsystem zu sein und diese Aufgabe möglichst gut für die jeweilige Zielgruppe der Nutzerschaft in deren Rahmenbedingungen zu erfüllen.

Kurzum: Der Einsatzkontext spielt die tragende Rolle bei der Auswahl eines Systems.

Danach erst kommen die Rahmenbedingungen, die „organisatorischen Leitplanken“, die das System möglichst gut erfüllen muss.
Das können, mit je nach Einsatzgebiet unterschiedlicher Priorisierung, sein:

  • IT-Sicherheit
  • Datenschutz
  • Barrierefreiheit
  • Vergaberecht(!)
  • Wartbarkeit
  • Lizenzkosten
  • Verfügbarkeit von Know-How-Trägern

Und viele weitere.

Ein absolutistischer Ansatz, der beispielsweise sagte, daß einer der obigen Punkte alle anderen überwiegt und nichtig macht, führt dazu, dass der Zweck des System nicht mehr geleistet wird. Einen solchen Ansatz kann man jedoch nur in akademischen Diskursen fahren.
In der Realität jedoch ist das nicht umsetzbar.

So ist stets eine Abwägung aller Faktoren notwendig. Ob es den Vertretern oder der Fanbasis einer der Themengebieten gefällt oder nicht.

Lange Rede, kurzer Sinn:
Bei der Suche nach einem System, betrachtet immer den Einsatzkontext. Danach beachtet und bewertet Empfehlungen Dritter. Schaut ob diese zu dem Einsatzzweck passend sind.
Und dann macht eine Erwägung welches System, welche Methode oder welche komplett andere Herangehensweise die beste Lösung für eine Aufgabe darstellen kann.

Absolutistische Aussage jedoch sind eine Sache des Glaubens. Sie gehören in die Kirche einer wie auch immer zu nennenden Religion.


Und an dieser Stelle eine Entschuldigung an meine Twitter-Follower, die ich ungefragt zum Experiment verführt habe.