In genau einer Woche startet der Webkongress Erlangen zu dem Themenkomplex der barrierefreien Informationstechnik.
Wie auch schon Kobinet und Barrierekompass entwickelt sich diese letzte Woche vor Beginn in der Tat zum Endspurt. Denn es sind inzwischen nur noch weniger als 40 Plätze frei (von 248).
Doch neben den ganzen Pressemeldungen und den drei guten Gründen die Barrierekompass in seinem Blogeintrag erwähnte, warum sich ein Besuch lohnt, ist es meines Erachtens noch immer wichtig darauf hinzuweisen, daß das Thema eigentlich alle Webworker und Netiziens angeht.
Denn es gibt immer noch Leute, die unter Barrierefreiheit nur eine GoodWill-Aktion nur für Behinderte sehen. Eine rein karrikative Sache, die Leute und Organisationen oft mit den Hintergedanken der Eigen-PR betreiben…
Das mag bei einigen so sein, aber es ist trotzdem mehr:
Barrierefreiheit in der IT bedeutet Zugang für alle.
Und mit „alle“ sind wirklich alle gemeint und nicht nur Behinderte!
Wer sich mit dem Thema beschäftigt, bekommt es sehr schnell auch mit Aspekten der Informationsbereitstellung und des Austausches dieser zu tun: Wie werden Informationen veröffentlicht, welche Informationen werden überhaupt bereit gestellt und wie wurden sie generiert. Was passiert mit den Dokumenten nach einiger Zeit. Wie sieht überhaupt der ganze Content-Lifecycle aus?
Und damit kommen wir sehr schnell in den Themenkreis von anderen spannenden Dingen: Informationsfreiheit, Standardkonformität, Open Access, Content Syndication, Kopierschutz, Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt, Kooperativen Arbeiten, WCMS, etc.
Ein Beispiel: Open Access bezeichnet das Ziel, wissenschaftliche Literatur und Materialien im Internet frei zugänglich zu machen. Bei der Barrierefreiheit wird dies noch weiter getrieben: Die Inhalte sollen nicht nur zugänglich gemacht werden, sie sollen auch nutzbar sein.
Denn mit der reinen Definiton von Open Access könnte ja jeder, der dazu aus politischen Gründen gezwungen ist, dahergehen und Inhalte in einem Format angeben, daß nur mit einem kommerziellen Browser abrufbar ist. Der Zwang zur Barrierefreiheit verhindert dies.
Die Richtlinien der BITV, bzw der WAI bauen eine Brücke zwischen den Willen, Informationen zu verbreiten und dem Möglichkeiten es auch wirklich zu tun.
Eine anderes Beispiel ist die Standardkonformität:
Um überhaupt eine barrierefreie Informationsseite zu erstellen, ist die Standardkonformität eine überaus wichtige Grundlage. Nur mit der Einhaltung von Standards wiederum werden Webseiten interoperabel. So ist es nicht mehr notwendig -wie früher- Zeit damit zu verschwenden, eine für bestimmte Browser (hier z.B. auch Handys oder PDAs) zu optimieren.
Wer eine barrierefreie Webseite erstellt, sorgt somit quasi nebenbei dafür, daß man die Webseite auch mit dem Handy abrufen kann oder Inhalte daraus über Agentensoftware interpretiert werden kann. (Das Tüpfelchen auf dem i erfüllt eine Webseite dann nur noch, wenn sie Mikroformate unterstützt).
Das ganze könnte ich noch stundenlang fortführen.
Um den Bogen wieder zurückzuspannen:
Themen wie Informationsfreiheit, Standardkonformität, Open Access, Content Syndication, Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt, Kooperativen Arbeiten, IT-Entwicklung und andere haben viele Berührungsflächen mit dem Thema Barrierefreiheit.
Wer sich mit einen der obigen Themen vollständig beschäftigen möchte, kommt nicht um das Thema der Barrierefreiheit herum – auch wenn man es nicht bemerkt oder den Begriff nicht verwendet.
Als ehemaliger Netzaktivist und (teils stiller, teils bekannter) Teilnehmer diverser Netzprojekte ist der Schritt daher nur folgerichtig: Wer sich für Informationsfreiheit einsetzt, muss man sich auch dafür einsetzen, daß diese für jeden gleichermaßen gilt. In anderen Worten: Informationsfreiheit ist nur vorhanden, wenn der Zugang zu Informationen für jeden Nutzer, unabhängig von Behinderung, Betriebssystem, Browser, Software oder anderen Randbedingungen, möglich ist.
