Netzkultur und Initiativen

Kulturraum Internet

Das Internet hat sich seit Ende 1994 zu einem eigenen Kulturraum entwickelt. Anstelle, dass es ausschließlich als technisches Medium zum Austausch von Informationen genutzt wird, wird es von immer mehr Menschen als soziales Umfeld verstanden und genutzt.
Menschen verabreden sich in Chatrooms, streiten und diskutieren ohne kommerzielle Hintergedanken und nutzen die vorhandenen technischen Möglichkeiten zur Schaffung kreativer Werke. Der Unterschied zur Wirklichkeit besteht allein in der physikalischen Entfernung der kommunizierenden.

Schon seit meinen ersten Kontakten mit dem Internet (was nicht nur das World-Wide-Web, sondern auch andere Protokolle und Verfahren einschließt), hab ich mich mehr oder weniger aktiv auch mit Netzinitiativen beschäftigt und hab einige davon unterstützt.
Einige dieser Netzinitiativen hatten eine Zeit lang eine recht große Bedeutung auf die Medien, da sie sich diverser Konfliktpotentiale und (freiheitliche) Vorstellungen annahmen, welche zum damaligen Zeitpunkt noch nicht behandelt waren. Andere Initiativen sind auch heute noch aktuell, da sich zwar die Art der Probleme und dessen Auswirkungen etwas gewandelt haben, die Grundprobleme jedoch gleich geblieben sind.

Das langwierigste Konfliktpotential im Kulturraum Internet liegt jedoch in den unterschiedlichen Auffassung des Internets durch verschiedene Personen und Firmen begründet: Personen, die im Internet lediglich eine Art verbessertes Videotext und ein kommerzielles Medium sehen, haben eine völlig andere Sichtweise auf das Netz als Personen, die es in ihrer Freizeit und als sozialen Raum sehen, welcher keine andere Regelungen braucht als die des sozialen und toleranten Miteinanders.

Kristallisationspunkte dieser unterschiedlichen Auffassungen finden sich dann oft in einem hemmungslosen Missbrauch von Rechtsmitteln von einzelnen einerseits und den emotionalen Reaktionen vieler Betroffenen andererseits. So zum Beispiel in Form von rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen, von Patent- und Markenrechten und vermeintlichen Urheberrechts- und Datenschutzverletzungen.

Initiativen, Vereine, Aktionsbündnisse und Arbeitsgruppen

Die folgende Übersicht zeigt einige der Initiativen und Vereine zu denen ich eine engere Verbindung habe. Dies kann in Form von aktiver Zusammenarbeit sein, aber auch in eher verborgener Unterstützung.

Chaos Computer Club e. V. (CCC)

Der Chaos Computer Club e. V. (CCC) ist die größte europäische Hackervereinigung und seit über dreißig Jahren Vermittler im Spannungsfeld technischer und sozialer Entwicklungen. Die Aktivitäten des Clubs reichen von technischer Forschung und Erkundung am Rande des Technologieuniversums über Kampagnen, Veranstaltungen, Politikberatung, Pressemitteilungen und Publikationen bis zum Betrieb von Anonymisierungsdiensten und Kommunikationsmitteln.

FreedomForLinks (1999 – 2003)

Der ehemalige Verein FreedomForLinks (FFL) setzte sich ab 1999 dafür ein, daß die Verwendung von Links auf Webseiten nicht durch einschränkende Gerichtsurteile ad absurdum geführt und unter einem Generalverdacht gestellt werden sollte.

Ursprünglich wurde die Initiative von einigen engagierten Webworkern unter Leitung von Uschi Hering ins Leben gerufen als Reaktion auf ein umstrittenes Gerichtsurteil bezüglich einer Linkhaftung.
Im späteren Verlauf zerlegte sich der Verein jedoch selbst aufgrund interner, organisatorische Probleme und unterschiedlichen Auffassungen der Mitglieder, die zum Stillstand führten.
Derzeit hat Uschi Hering die Webdomain wieder unter Kontrolle um sie vor den Begehrlichkeiten einiger Anwälte zu bewahren. Die alten Inhalte, darunter viele gute Artikel, sind leider nicht mehr öffentlich zugänglich.

FreedomForLinks wurde von mir eine Zeitlang aktiv unterstützt. Dies erfolgte zum einen durch diverse Aktionen und Hinweise über mein XWolf-Portal (zum damaligen Zeitpunkt immerhin das größte deutschsprachige Angebot zum Thema Webworking und CGI-Programmierung), zum anderen später auch durch die Bereistellung der internen Maillingliste und der Pflege von Seiten des FFL-Webauftritts.

Abmahnungswelle e.V. (2001)

Der Verein Abmahnungswelle e.V. gehört meines Erachtens derzeit zu den Perlen des Kulturraums Internet. Zwar hatten ganz ähnliche Gründe wie bei Freedomforlinks zunächst zur Gründung von Informationsseiten zum Abmahnwesen durch Jutta Rosenbach („Netzrose“) geführt, es wurden jedoch nicht die Fehler begangen, zu schnell zu groß zu werden und einen Wasserkopf aus anwaltlichen Mitgliedern zu bekommen.

Vor der Vereinsgründung wurde ich zusammen mit einigen anderen Netzpersönlichenkeiten von Jutta angesprochen zu helfen. Zwar hatte ich Interesse, jedoch zu wenig Zeit, so das meine Tätigkeiten nur eine Randnotiz der Entwicklung sind.
Soweit es sich ergibt, mach ich Werbung für den Verein indem ich die Webseiten verlinke oder auf Aktionen dort aufmerksam mache.

FFII e.V.

Der Förderverein FFII e.V. ist ein in München eingetragener gemeinnütziger Verein für Volksbildung im Bereich der Datenverarbeitung. Der FFII unterstützt die Entwicklung öffentlicher Informationsgüter auf Grundlage des Urheberrechts, freien Wettbewerbs und offener Standards.

Der Verein brachte sich sehr stark gegen einen ausufernden Patentwesen in Stellung und sorgte durch seine Aktionen wesentlichen dafür, daß es in Sachen Patente zu keinen ameriksanischen Verhältnissen in Europa kam.

FITUG e.V.

Der FITUG hat ähnliche Ziele wie auch der FFII:
„Zwecke des Vereins sind die Förderung der Integration der neuen Medien in die Gesellschaft, die Aufklärung über Techniken, Risiken und Gefahren dieser Medien, sowie die Wahrung der Menschenrechte und der Verbraucherschutz in Computernetzen. Durch die genannten Zwecke sollen Kultur, Bildung und Wissenschaft gefördert werden.“

Leider ist der Verein selbst nicht sonderlich aktiv. Die Funktionsträger sind durch eigene Projekte stark gebunden, so daß sich die Aktivitäten des Vereins im Wesentlichen auf Pressemeldungen und den Betrieb der Mailingliste beschränken.
Dafür sind die Beiträge auf der Mailingliste qualitativ recht hochwertig.

SELFHTML e.V.

Aus dem Kompendium von Stefan Münz wurde mit der Zeit eine Community und aus der Community erwuchs ein Verein.

Der SELFHTML e. V. ist eine Gemeinschaft selbstbewusster Bürger, die sich, unabhängig von Alter, Geschlecht und Abstammung sowie gesellschaftlicher Stellung grenzüberschreitend für Informationsfreiheit einsetzt und den Menschen Mut machen möchte, aktiv an der Informationsgesellschaft teilzunehmen, selbst zu publizieren und selbstständig Wissen zu erarbeiten. Dies ermöglichen die Dokumentation SELFHTML und das Angebot SELFHTML aktuell, wo Artikel zu interessanten Themen rund um das Webpublishing, aktuelle Informationen und Kommunikationsmöglichkeiten für die Besucher zur Verfügung gestellt werden, das SELFHTML-Fachforum und andere Kommunikationswege, die getreu dem Motto „Die Energie des Verstehens“ die Unterstützung darauf konzentrieren, den Besuchern den Weg zur eigenen Lösungsfindung zu erleichtern.

A-fair (1999 – 2004)

Unter A-fair war ein besonderes Lizenzmodell zu verstehen, mit dessen Hilfe Autoren von freien Artikeln und OpenSource-Produkten durch geneigte Leser und Nutzer freiwillig belohnt werden konnte. Die Idee war, eine Plattform anzubieten, bei denen Leser und Nutzer die Möglichkeit hatten, den Autoren einen frei wählbaren, fairen Betrag zu überweisen um sich so für die geleistete Arbeit zu bedanken.

Die Artikel auf dem XWolf-Portal wurden eine zeit lang auch unter dieser Lizenz vertrieben. Leider zeigte sich jedoch, dass diese Art der Lizenz zu keinen besonderen Erfolg führte: Das Prinzip der Fairness wurde von den meisten Benutzern schlichtweg ignoriert.

Das A-fair-Team stellte zum 1. März 2004 die Arbeit ein.

Piratenpartei Deutschland (2010 – 2018)

In den Jahren von 2010 bis 2017 war ich aktives Mitglied der Piratenpartei Deutschland.
Dies beinhaltete sowohl die Tätigkeit als Beauftragter für den Bereich Web und Öffentlichkeitsarbeit, als auch Mandate als Vorstandsmitglied der Piratenpartei Erlangen.
Im Bundestagswahljahr 2017 war ich zudem verantwortlicher Teamleiter für die Online-Präsenz der Piratenpartei Deutschland zuständig und dabei Mitglied im zentralen Team für Öffentlichkeitsarbeit des Bundesvorstandes. In Rahmen dieses Tätigkeit wurde auch das Webdesign der zentralen Webseite der Partei von mir gestaltet und entwickelt.
Wesentliche Designelemente der Webseiten des Bundesvorstandes sowie der Gliederungen nutzen bis heute meine Arbeit in Form der WordPress Themes Piratenkleider und Pirate Rogue, sowie anderer grafischer Elemente.

Die Piratenpartei ist bei ihrer Gründung als Partei des Digitalen Wandels angetreten: Es entsteht eine neue Generation an Menschen, die mit und im Netz groß geworden sind. Dies führt auch zu einem Wechsel der Sichtweisen darüber, was Privatsphäre und Lebensraum ausmacht. Das Internet, das WWW und Social Media Plattformen werden immer mehr zu einem gewohnten Teil der Lebenswelt. Dies hat auch die Folge, dass Menschen das Netz als Teil ihres Lebenswirklichkeit wahr nehmen. Dabei verändern sich auch die Grenzen der Wahrnehmung und dessen was privat und was öffentlich ist: In der Offline-Welt macht das, was man mit seinen Sinnen wahr nimmt, die eigene Erlebniswelt aus. In der Online-Welt, im Netz, werden diese Sinne durch die Wahrnehmung und Verarbeitung von Informationen aus Plattformen und Technologien erweitert. Durch neue Technologien, wie Smartphones aber auch andere digitale Devices und Gadgets, wird dabei die Offline-Welt, immer mehr eingebunden und mit der Online-Welt vernetzt.

Menschen des digitalen Wandels sind es gewohnt, ihre Welt und ihr Erleben zu teilen. Ähnlich wie es einst üblich war, Tagebücher auf Papier zu schreiben, tut es auch die Generation Netz. Jedoch nicht auf Papier, sondern in Form von Blogbeiträgen, Videos, im Social Media und auf anderen kreativen IT-gebundenen Medien und digitalen Ausdrucksformen. Dies kollidiert jedoch all zu oft mit veralteten Gesetzen und Dogmen.

Alte Dogmen, insbesondere Regeln aus dem Datenschutz der frühen 80er Jahre, können bislang mit dieser Entwicklung nicht stand halten. Die Regeln und Gesetze blieben aus politischen Gründen, aber auch aufgrund mangelnder Einsicht und Kompetenz der damit betrauten Personen, verhaftet auf einer veralteten Zielrichtung.

Es war die Aufgabe der Piratenpartei, einen Ausgleich zu finden, zwischen den Anforderungen eines modernen Datenschutzes, der den unerwünschten Missbrauch von personenbezogenen Daten einerseits verhindert, andererseits aber den Wünschen der Generation Netz, selbstbewusst und selbstbestimmt mit denen eigenen Daten umzugehen, unterstützt: Nämlich digital zu leben und zu erleben, Daten zu teilen und weiterzugeben und sich in der digitalen Selbstsphäre darzustellen.

Dies war das Selbstverständnis der Piratenpartei in ihrer erfolgreichen Vergangenheit.

Da sich meines Erachtens und trotz auch meines Engagement die Piratenpartei nach 2015 immer mehr von diesem Selbstverständnis entfernte, ließ ich 2018 meine Mitgliedschaft auslaufen.