Die SZ schreibt einen interessanten Artikel bzgl. Probleme von Anmeldesystemen an Universitäten:
Chaos auf dem Campus.
Im wesentlichen läßt sich der Artikel ziemlich darüber aus, daß das HIS sehr problematisch ist.
Was leider unerwähnt bleibt, ist was ebenso zu diesen Problemen führte:
1. Fachpersonal
Es gibt viel zu wenig IT-erfahrene Personen an den Universitäten, die in Lage sind, ein Anmeldesystem sachgerecht zu betreuen, einzurichten und an die lokalen Gegebenheiten (z.B. prüfungsordnungen) zu individualisieren. Die wenigen Personen die dazu in der Lage sind, werden meist zeitgleich auch für andere Projekte eingesetzt.
Stattdessen werden sehr häufig Personen anderer Disziplinen eingesetzt, ganz nach dem Motto, daß man zu einer Verwaltung ja nur einen verwaltungssachangestellten, einen Bürokaufmenschen oder ähnliches braucht. Diese merken dann aber (im günstigen Fall!) sehr schnell, daß sie überfordert und oft auch unterfinanziert sind und wenden sich dann daher an das jeweilige Rechenzentrum oder den bekannten IT-Experten, damit der es dann mal eben macht. (Natürlich hat das jeweilige Projekt höchste Priorität).
Wenn an einer Uni dann tatsächlich mal jemand mit IT-Erfahrung angestellt wird, dann handelt es sich in der Regel um eine Zeitstelle.
Aber falls es sich um eine Technikerstelle handelt, kann man das Projekt in Punktum Nachhaltigkeit gleich einstampfen: Nach 2 Jahren müssen Techniker (jedenfalls im ÖffDienst Bayern) wieder entlassen werden, weil sie ansonsten den Status der Unkündbarkeit erhalten.
I.a.W.: Egal wie gut und erfolgreich jemand mit seinem Projekt ist: Nach 2 Jahren ist meist Exitus mit dem Projekt und der Person an der Uni.
(Das freut natürlich die Wirtschaft ungemeint. Die Unirechenzentren bilden somit zu Lasten der Steuerzahler ein gutes Ausbildungszentrum für IT-Experten. Sobald die richtig eingearbeitet sind und was auf die Beine gestellt haben, sind die auch schon wieder frei auf den Arbeitsmarkt.)
Wissenschaftler, also Diplom-Informatiker, dagegen sind von den schlechten Vertrags- und Verdienstkonditionen (im Vergleich zur Wirtschaft) nicht so einfach zu überzeugen. Da kommen allenfalls Idealisten oder Leute denen etwas an der universitäten Atmosphere liegt.
2. Die HIS-Subventionen
HIS wird durch die Länder finanziert damit die Universität ein Hochschulinformationssystem haben. Die Universitäten zahlen für HIS erstmal nichts.
(Es sei denn, man möchte Support von der HIS vor Ort haben. Dieses kostet natürlich Geld. (Anreise, vor Ort Service etc pp.). )
Die Idee dahinter ist nicht schlecht: Man hat quasi für alle Universtitäten einen Dienstleister, der ein System für diese entwickelt und kostenfrei bereitstellt.
Andere große Systeme (insbesondere das von der SAP) sind sehr oft Versionen von kommerziellen Systemen, die für den Einsatz in der Wirtschaft optimiert sind, aber mit den besonderen Gegebenheiten der universitäten Landschaft kaum etwas am Hut haben.
An der Universität gibt es nicht etwa nur eine Prüfungsordnung, sondern u.U. ein paar Hundert! Zudem ist der Nutzerkreis überaus heterogen und man hat nicht die Möglichkeit, jeden Mitarbeiter oder Dozenten zu einem Kurs zu verpflichten.
Leider ist der Haken bei den HIS-Subventionen sehr groß: So schlecht die HIS-Software auch aus informatiktechnischer Sicht auch ist, sie ist kostenfrei. Jedes andere System, wie individuell es auch an eine Uni oder den Einrichtungen einer Uni angepasst sein mag, kostet Zeit und damit Geld. Denn um ein komplexes Anmeldesystem im Universtitätsumfeld zu bauen, ist Fachwissen und Erfahrung zwingend notwendig.
Sei es wenn es darum geht, ein System zu haben, daß auch mit Peaklasten zurecht kommt, sei es aber auch daß dieses System sich in bestehende organisatorische Verfahren einzubinden hat oder sei es einfach darum, wenn das System eben mehr als nur First Come, first Serve beherrschen können muss (z.B. wenn die Studis die beim letzten Semester zu kurz kamen, dieses mal bevorzugt behandelt werden sollen).
Oder sei es nur darum, Oberflächen zu bauen, die auch von Dozenten aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich nutzbar sind, welche eben nicht zu einem Nutzerkurs kommen können.
Kurz gesagt: Gute Systeme kosten Geld. Und auch viel Zeit und eine stetige Betreuung.
Die Subventionierung von HIS jedoch verhindert einen möglichen Wettbewerb. Die einzigen die da richtig mithalten können, sind Firmen wie SAP und co. die die Investitionen durch andere Projekte kreuzfinanzieren können und so ein Anmeldesystem als Ansatz sehen, in einer Uni Fuß zu fassen um dort in Zukunft möglicherweise die gesamte Verwaltungssoftware zu stellen – und sich dann dumm und dusselig zu verdienen.
Würden diese Subventionen fallen, müsste HIS sich der Konkurrenz stellen und besser werden.
Dies hat es derzeit aber schlichtweg nicht nötig.
Das ganze ist natürlich auch ein Politikum. Was der Autor des Artikels in der Süddeutschen mal hätte recherchieren können, wäre die Frage: Wenn die Freie Universität Berlin ausgestiegen ist, kriegt HIS dann noch Zahlungen aus Berlin?
