Spiegel Online und Userstyles

Vor einigen Tagen wurde der Relaunch von Spiegel Online in verschiedensten Blogs durchdiskutiert.
Auch Spiegel Online ging auf die Diskussion ein und erweis sich dadurch sogar teilweise recht offen für die neuen Medien und die neue Ausprägung der Netzkultur aus den Blogs.
Siehe hierzu auch den Artikel von SpOn: Lob und Tadel für das „neue Gesicht“

Ein Satz viel mir auf:
Auf die Kritik, SPIEGEL ONLINE sei weiterhin „nur“ auf eine Breite von 800 Pixeln festgeschrieben, werden wir allerdings so schnell nicht reagieren: Natürlich ist das so, denn wir brauchen den übrigen Raum des Bildschirms für Werbung. Das nervt zwar viele Leser, bezahlt aber die Rechnung – und macht so SPIEGEL ONLINE erst möglich. Wir finden, dass die Randwerbung das Lesen zudem erheblich weniger stört, als Popup-Einblendungen und sonstige aufdringliche Werbeformen, die sich in oder gar über Seiten legen.

Ich denke, dieser Satz wäre vor 3 Jahren sicherlich noch gerechtfertigt gewesen.
Heutzutage jedoch ist er meines Erachtens überholt.

Denn inzwischen sind Traffikkosten stark gesunken und Medien wie SpOn und andere nutzen sehr stark Content der aus anderen Quellen generiert wurde. Sei es dpa, pressetext oder auch Artikel von interessierten universitären Einrichtungen, die ihren Namen gern in der Zeitung sehen wollen und dafür irgendein Unsinn als bedeutendes Ergebnis präsentieren. (Vgl. Studie über Usability).
Die Qualität von Presseartikel ist nicht nur bei SpON, sondern auch bei anderen Medien spürbar gesunken.
Und die Medien geben dies auch selbst zu: Die Zeit schrieb kürzlich, daß das Credo der heutigen Medien nicht primär die Wahrheitsfindung sei, sondern die der effekthaschenden Story: Du sollst nicht langweilen.

Aktuelle Entwicklungen des modernen Webs kommen aber immer mehr zu einem Punkt:
Content ist king!
Content wird leichter austauschbar, wird synchronisiert oder syndiciert, wird gestreamt, gepotcastet oder über ein RSS verteilt. Die optische Gestaltung, also das was viele Redaktionen und Designer als ganz wichtige Corporate Design hochhalten, verliert immer mehr an Bedeutung.
Auch wenn die Redaktionen und viele Designer dies nicht so sehen möchten.

Der Benutzer erhält durch die neuen Techniken immer mehr Möglichkeiten, Inhalte zu filtern und sich selbst so präsentieren zu lassen, wie er es selbst möchte. Dies gilt inzwischen auch für Webseiten.

Die Firefox-Erweiterung Stylish und das Portal userstyles.org zeigen wie es geht. Mit nur wenig Fachkenntnis in HTML und CSS ist es einem fitten Webworker möglich, eine Website wie die von SpON zu analysieren und so zu gestalten, wie es gefällt.
So zum Beispiel ist es möglich, Werbung wegzublenden oder gar die gesamte optische Gestaltung umzubauen.

So sieht die SpON-Website im Orginal aus:
Orginal SpON

Und so sieht die selbe Website mit eingeschaltetem Userstyle aus:
SpON ohne Werbung mit Userstyles

Das Userstyle 990 wurde hierzu beispielhaft generiert.

Dies Beispiel ist natürlich nicht dazu gedacht, jetzt Spiegel Online vor Probleme zu stellen.
Was auch kaum zu erwarten ist: Dieses Blog richtet sich nur an eine kleine Gruppe an Webworker, die meist eh schon Bannerblockierer in ihren Browser eingeschaltet haben.
Zudem sind Userstyles momentan nur im Firefox einfach einschaltbar für Menschen die auch wissen, wie man Erweiterungen findet und installiert.
Also noch keine Gefahr. Aber: Die Möglichkeit ist da. Wer weiß was draus wird?

Wie oben gesagt, ist dies ein Aspekt der neuen Medien und Techniken: Content rulez bzw. Form follows Function.

Die Ersteller von Websites müssen sich in Zukunft auf zwei Dinge einstellen:

  1. Eine Website braucht gute Inhalte. Und nicht etwa nachgekäuten oder einfach kopierten Zeug. (Was bei Nachrichtendiensten auch bedeutet: Richtige Pressearbeit und Recherchie muss wieder an Bedeutung gewinnen! Es braucht richtige Journalisten, die hinter ihren Job stehen. Einfach Kenntnisse in einer gängigen Textverarbeitung reichen sicher nicht.)
  2. Wer mit einer Corporate Design bzw einer Gestaltung wirklich glänzen will, muss ein wirklich gutes Design haben. Ein so gutes, daß niemand nie auf die Idee kommt, ein eigenes Userstyle zu machen.
    Also auch hier: Qualität bitte! Also weg mit den Anfängern und Printdesigner und her mit den Profis.

2 Kommentare zu “Spiegel Online und Userstyles

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  1. Naja. – Wenn ich lese:
    „Der Benutzer erhält durch die neuen Techniken immer mehr Möglichkeiten, Inhalte zu filtern und sich selbst so präsentieren zu lassen, wie er es selbst möchte.“

    Dann frage ich mich schon, ob du der Richtige bist, wenn es ums Lästern über sinkende inhaltliche Qualität geht. Nix für ungut ;-)

    Grüße,
    angeline