Antidiskriminierungsgesetz für Linux? (Updated)

In einem Gastvortrag auf den Linuxwochen Wien forderte Markus Beckedahl, Koordinator des Fachforums Medien in der Grünen Jugend und Vorstand des Netzwerk Neue Medien, eine Art Antidiskriminierungsgesetz für Linux.
Quelle: golem.de: Antidiskriminierungsgesetz für Linux?

Weiter sagte er:
Im Beschaffunsgprozess müsse freie Software in der Auswahl berücksichtigt und nicht diskriminiert werden

Mein Gott, wo lebt dieser Mensch? Weiß er worüber er spricht? (add: Er weiss es – es war aber etwas missinterpretierend.)

Das Problem mit der Beschaffung von Software im öffentlichen Bereich liegt nicht in einer vermeintlichen Vorwegentscheidung zugunsten einer bestimmten Firma;
Das Problem läßt sich im großem Maße darauf zurückzuführen, auf welchen Wegen Software und Softwareentwicklungen ausgeschrieben werden.

Entwicklungsaufträge für Software, aber auch die Suche nach Software verläuft bei öffentlichen Einrichtungen zumeist noch immer in Form der Ausschreibungen.
Dieses Ausschreibungen werden ein einem oder mehrere Amtsblätter veröffentlicht, welche regional oder überregional sein können.
Und jetzt kommen die Preisfragen:

  • Welche Firmen können es sich leisten, solche Ausschreibungen zu lesen?
  • Erfolgt dies gar bei OpenSource-Software?

Ein gewichtiger Punkt bei OpenSource-Software -der auch im Marketing eine große Rolle spielt- ist die Community der Entwickler.
In anderen Worten: Hinter vielen Softwarelösungen, die unter GPL, CC oder einer anderen freien Lizenz vertrieben wird, stecken mehrere Leute. Aber nicht unbedingt ein Chef oder eine einzige Firma. (Ausnahme: Einer Lizenz ähnlich Mozilla oder Linux).

Die Firmen, die Geld mit freier OpenSource-Software verdienen tun dies auf zwei Gebieten:

  • Beratung
  • Individualprogrammierung / Erweiterung einer Software

Solche Firmen und dessen Angebote entsprechen dann meist auch nicht dem Profil, welches ausgeschrieben ist.

Lange Rede, kurzer Sinn:
Solange bei Software die Suche nach Angeboten alleine über Ausschreibungen erfolgt, solange werden die meisten Angebote und damit Lösungen eher rein kommerzieller Natur sein.

Ein andere Punkt aus dem Vortrag.
Entsprechend soll es Behörden erlaubt werden, freie Software zu publizieren – bislang gelte dies als unerlaubter Eingriff in den Markt.

Dies ist so pauschal falsch.
Viele Universitäten haben den Vorteil von freier OpenSource-Software schon lange erkannt. So gibt es zwischen den Universitäten einen regen Austausch
von Software entweder in direkter Natur oder indirekt.
Aber auch offiziell gibt es Plattformen, wo Software ausgetauscht und unter freien Lizenzen veröffentlicht werden. So zum Beispiel die Plattform von CampusSource.

Die Härte an dem Vortrag liegt aber darin, dass Beckedahl eine eigene Behörde vorschlägt, die den Wettbewerb stärken solle.
Das Kernproblem der schwierigen Nutzung von OpenSource-Produkten liegt doch gerade in der Überregulierung.
Jetzt soll eine Behörde, die ja dann eigene, neue Verordnungen erlassen würde, helfen. Hurra, Hurra!

Update:
Hier finden sich die Folien zum Vortrag: Freie Software – Förderung in Deutschland

Randnoten:

  • Das Problem mit dem Beschaffungsrecht ist wenigstens in einem Punkt angerissen
  • Das Problem bzgl. Personalstellen nur am Rande (zur Erinnerung: Viele Institutionen sehen Software noch immer Projektbezogen, sprich: im zeitlichen Rahmen eines projektes mit einem Anfang und einem definierten Ende, nachdem man die Betreuung nicht mehr braucht.)
  • Das Behörden untereinander keine Software austauschen können, wird mehrfach betont, ist aber durch viele Beispiele belegbar falsch.
  • Wohl kann man aber zustimmen, daß bei einigen Projekten wirklich Geld zum Fenster rausgeworfen wird und wurde.

    Um mal etwas Futter zu geben, sowohl bei diesem als auch dem vorherigen Punkt: Die Förderung der Fa. HIS GmbH durch Bund und Länder zur Bereitstellung einer Verwaltungslösung für Universitäten sollte meines Erachtens mal auf den Prüfstand gestellt werden. Denn die Förderung basierte damals noch auf den Hintergrund, daß es da noch keine geeignete Software gibt.
    So wurde gemeinsam von Bund und Ländern die Firma beauftragt ein System zu erstellen, welches dann jede Universität kostenlos einsetzen darf.
    Inzwischen stehen aber viele OpenSource- aber auch individuelle Lösungen bereit, die durchweg besser angepasst wären auf die Bedürfnisse der Einrichtungen. Durch die einseitige Förderung von HIS jedoch haben die Alternativen keine Chance sich durchzusetzen.

    ich denke der Fehler liegt darin, daß die durch HIS produzierte Software, die ja mit Steuergelder bezahlt ist, kein OpenSource ist und auch die Schnittstellen nur mangelhaft offengelegt sind.