Vor einigen Jahren bereits machte ich auf die Probleme mit der Einbindung von Google Fonts aufmerksam: So in dem Vortrag „The Beauty & The Beast“ beim Webkongress Erlangen 2014 (ab Minute 12:10) und in diesem Blog in einem Artikel zu WordPress 3.8, in der damalige Entwickler die Fonts in das Backend von WordPress einbauten (was inzwischen wieder behoben wurde).
Das Thema ist inzwischen auch im Mainstream und darüber hinaus auch bei Mit-Datenschutz-Beschäftigten angekommen. In vielen Websites werden Google Fonts nach wie vor verwendet. Dies hat dann auch Eingang in verschiedene Datenschutzerklärungsgeneratoren gefunden; So wie der von Rechtsanwalt Schwenke.
In einem Facebook-Eintrag startet er trotzdem eine Diskussion darüber, ob und inwieweit das berechtigte Interesse des Website-Betreibers vorhanden sei.
Meine Meinung dazu, welches ich auch dort postete, aber hier ohne das Facebook und ohne sonstigem Tracking der Nachwelt präsentiere, ist folgende:
Es ist immer ein Ausgleich zu schaffen und die Verhältnismäßigkeit zu sehen. Neben der DSGVO gibt es auch Gesetze, die ebenfalls einen nicht geringen Rank haben, oder?
Wenn wir eine Art Qualitätsmindestbestimmung von Websites fordern, bauen wir eine Hürde auf, die es Menschen, die nicht IT affin sind, schwer bis sogar unmöglich machen, sich im WWW mit privaten Homepages und Blogs darzustellen, zu präsentieren oder zu äußern.
Doch das wäre eine starke Einschränkung der grundgesetzlichen Rechte, seine eigene Meinung frei zu äußern. Es ist von Privatpersonen nicht abzuverlangen, dass diese selbe Qualitätsmaßstäbe erfüllen, wie Unternehmen oder gar Konzerne.
(Es ist ein Geburtsfehler der DSGVO, dass sie eine naiven One Size Fits All-Ansatz fährt und einen einzelnen Website-Bastler der seine Familie präsentieren, will genauso behandelt wie einen amerikanischen Milliarden-Konzern).
Es gibt Seitens des Website-Betreibers durchaus ein berechtigtes Interesse darin, so wenig Geld wie möglich auszugeben und sich freier im Internet verfügbarer Designs zu bedienen – die nun mal oft nicht so professionell sind. Zudem bietet Google Fonts nicht nur eben die gewählte Fonts, sondern eine große zusätzliche Funktionalität der Auswahl und der Konfiguration der Fonts. Dies kann auch ein Profi nicht einfach nachbilden. Ein Profi wird ebenfalls bei Google (oder einer anderen Font Bib) erstmal konfigurieren, suchen und fertig stellen und erst dann das Endprodukt des Fontpakets runterladen. Anders gesagt: Das von der Website präsentierte und geladene Font ist bereits ein Endprodukt nach einer Auswahl- und Konfigurationsphase.
Es kommt darauf an, wem man hier was abverlangt. Es ändert die Sachlage ob hinter einer Webseite eine einzelne Privatperson steckt oder ein Konzern: Was für die Privatperson nämlich ein hoher und mangels Kompetenz nicht stemmbarer Aufwand ist, dass ist für einen Konzern, der angestelltes IT-Personal hat, durchaus ohne Extrakosten quasi nebenher machbar.
Wenn wir die Verhältnismäßigkeit betrachten: Was steht auf der anderen Seite?
Es kostet jeden Internet-Surfer nur wenige Klicks um ein AddOn wie den Privacy Badger zu installieren, welches Tracking effektiv unterbindet.
Mehr noch: Man kann inzwischen das Surfen ohne Add- und Tracking-Blocker als fahrlässig bewerten.
Ein anderer Aspekt ist noch der: Das Laden von Teilen der Webseite (Fonts, Bilder, etc) aus anderen Domains sorgt in vielen Fällen für eine bessere Performance und im Falle das selbe Schriften häufig verwendet werden, eben auch dafür, dass diese bereits im Speicher des Browser vorliegen und daher nicht mehr neu geladen werden müssen.
Dies ist zwar für ein normales Festnetzgerät mit DSL- oder Festnetzanschluss kaum noch feststellbar, bei Mobilen Devices jedoch, bei denen viele Menschen Ladevolumen-Kontingente haben, ist das ein nicht zu vernachlässigender Vorteil.
tl;dr: Es ist auf alle Fälle eine Abwägungssache. Ein schlichtes „Verbot“ ohne Betrachtung des Gesamtkontextes wäre Unsinn und schädlich.
Persönlich sehe ich die Nutzung von Google Fonts als Merkmal schlechter Qualität einer Website an und einer gedankenlosen, oberflächlichen Beschäftigung mit dieser; Als eine Form des schlechten Benehmens gegenüber anderen. Denn man wertet den eigenen Vorteil höher als mögliche Nachteile anderer.
Aber dennoch wäre ich entschieden dagegen, die Nutzung von Google Fonts oder auch die Einbindung anderer Bestandteile aus externen Quellen zu verbieten. Dies wäre ein nicht hinnehmbarer Grenzübertritt gegen die Rechte und Freiheiten von Menschen, nach eigenen Vermögen, Befähigung und Willen ihre persönlichen Präsenzen zu gestalten. Links und die Verknüpfung von Inhalten von und zu externen Quellen war und ist einer der Säulen des World Wide Web. Wer an diese Säule des WWW die Axt ansetzt, schädigt das Netz und den Kulturraum Internet.
Die Angst vor dem Datenmissbrauch von Großkonzernen darf nicht dazu führen, dass man Privatpersonen, die es eben auch in massenhafter Zahl im Internet gibt, die eben massenhaft private Seiten, Blogs, Vereinspräsenzen, Seiten zu Clubtreffen etc. pp. bereitstellen und betreiben, kriminalisiert.