So vergeigt man eine Bewerbung

Arbeitsbedingt suche ich in letzter Zeit öfters nach neuen Kollegen. Leider erhalte ich oftmals Antworten, bei der man sich selbst als netter Mensch fragt, ob die „Bewerbung“ echt gemeint ist und eine Eingangsbestätigung erhalten soll oder ob es wieder nur verkappter Spam ist.

Antworten von Zeitarbeitsfirmen und Jobportalen

Was sicher jeder, der eine Stelle im IT Bereich ausschreibt, sofort merkt: Wenige Minuten und Stunden später kommen erste Bewerbungen. Die Freude wird jedoch schnell getrübt: Das sind allerdings keine Bewerbungen, sondern Offerten von Personalvermittlern.

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Ein wenig später kommen dann oft Bewerbungen hinzu, die scheinbar von Privatpersonen sind, in Englisch geschrieben sind und auf den Ausschreibungstext eingehen, jedoch tatsächlich ebenfalls von Zeitarbeitsfirmen aus dem Ausland sind. Hier wird dann im Anschreiben oft eine Bewerbung auf „Fernarbeit“ angemerkt. Das Vorstellungsgespräch soll via Skype oder WhatsApp erfolgen…

Man kann noch so fett in der Ausschreibung schreiben, daß die Tätigkeit vor Ort statt finden soll – dies wird schlicht ignoriert.

Auch nicht selten sind Mails von Mitarbeitern von Jobportalen und anderen Agenturen, die „zufällig gesehen haben, daß man sucht“ und daher auf ihr eigenes ach so tolles Portal hinweisen wollen.
Danke. Aber nein. Jobportale, welche diese Art der Werbung brauchen, haben sie sich schon von vornherein disqualifiziert.

Pseudobewerbungen

Bei den echten Anschreiben von Menschen gibt es dann noch eine weitere Gruppe an Menschen, die so tun, als ob sie den Job suchen, tatsächlich aber andere Ziele haben. Das einzige worauf diese in ihren Bewerbungen eingehen, ist der Titel und ein paar der Keywords im Text – ganz unabhängig davon wie der Text formuliert war.  Schreibt man zurück und fragt nach Details, erhält man keine Reaktion.
Man könnte argwöhnen, daß dies Bewerbungen sind, die nur einen Zweck haben: Nämlich gegenüber der Arbeitsagentur vorweisen zu können, man habe sich beworben.

Echte Bewerbungen, aber wie…

Die Qualität der Bewerbungen scheint in letzter Zeit abzunehmen.

Klassische Fehler

Hier ist ein Video, welches einige der klassischen Fails bei der Bewerbung auflistet:

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Was ich erleben durfte, geht noch darüber hinaus. Im Negativen.

Ein krasses Beispiel einer Bewerbung, die mich kürzlich erreichte, hatte weder Anrede noch Grußformel. Mehr noch: Der Name des Bewerbers war nirgends angegeben. Allein aus der E-Mailadresse der Online-Bewerbung hätte man möglicherweise den Namen eruieren können – wenn diese nicht von einem Massenmailhoster gekommen wäre und im vorderen Teil mit „warm.sunshine“ (gefolgt von einer Nummer) zusammengesetzt worden wäre.

Nutzung von Vorlagen von Jobportalen

Statt die bei der Ausschreibung angegebene (Mail)adresse zu nehmen, nutzen manche Bewerber die Vorlagen von Jobportalen.
Der Nachteil daran ist, daß der Ausschreibende dann von Monster und co eine von diesen Portalen selbst formatierte und oftmals auch gekürzte Mail bekommt. In dieser  (üblicherweise eine HTML Mail, die auch Tracking-Codes enthält) wird man aufgefordert wird, sich bei diesen Portal zu registrieren und dann erst dort zu schauen ob es noch Details gibt.

Screenshot: Bewerbungseingang über StepStone

Dies steigert nicht nur den Aufwand beim Ausschreibenden, es stört auch dessen Prozesse für Ausschreibungen und es passiert sehr leicht, daß diese Mails von Portalen als Spam gewertet und gleich weggeworfen werden. Wenn man ein Jobportal nutzt, dann bitte nutzt keine Default-Templates von dort und auch nicht dessen Kontaktservice, sondern schreibt trotzdem selbst.

Man sollte vielleicht mal die Situation überdenken: Eine Ausschreibung wird meist an mehrere Portale gleichzeitig gesendet. Neben dem Portal der Arbeitsagentur geht eine Ausschreibung oft an die gängigen freien und kommerziellen Online-Jobbörsen. Und natürlich publiziert man die Ausschreibung auch auf den eigenen Webangeboten. Das sind dann mal ein Dutzend Portale. Von diesen Portalen wiederum werden diese Ausschreibungen oftmals (gekürzt oder formatiert!) von anderen Anbietern übernommen um diese dann in wiederum andere Portale zu übernehmen. Dies ist schließlich auch ein Geschäft für die Portale: Sie erzählen den Suchenenden, daß man bei ihnen eine Auswahl aller aktuellen Jobs in Deutschland bekommt. Oder zumindest der Besten. Die Besten der Besten und überhaupt genau und perfekt gefiltert auf das Profil des Suchenenden – wenn er denn nur für ein ganz kleines Geld den Premiumservice bucht… LOL.

In diesem Kontext muss man nun die „Hoffnung“ sehen, daß sich ein potentieller Arbeitgeber tatsächlich bei einem Jobportal extra anmeldet um Details zu sehen. Eher wird bei jedem Ausschreibenden die Befürchtung (ausgehend aus den Beispielen oben), dass man einmal bei einem solchen Portal registriert, in Zukunft mehr Spam -pardon!- perfekt zugeschnittene Angebote, bekommt, die man nicht will.

 

 

1 Kommentar zu “So vergeigt man eine Bewerbung

Kommentarfunktion ist geschlossen.

  1. Hi Wolfgang,

    3 Millionen qualifizierte Fachkräfte — Donnerwetter! Bei solch einem Pool hat wohl jeder von vornherein schlechte Karten wenn’s Gehalt ausgehandelt wird. Und was der Anbieter unter 100% Transparenz versteht wird wohl imme sein Geheimnis bleiben.

    Schöne Güße.

    PS: Sei froh daß es solch in Heer von Arbeitslosen gibt. Das sichert nämlich auch Deinen Wohlstand.