Impfterminservice – Meine Beschwerde bei der Landesbeauftragten für digitale Barrierefreiheit (Aktualisiert)

Ende des Jahres 2020 wurde die Webseite des Impfterminservices öffentlich gelauncht: https://www.impfterminservice.de .

Der Impfterminservice ist ein Angebot der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Zuständige Aufsichtsbehörde ist das Bundesministerium für Gesundheit. Und als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist diese zur Einhaltung der Barrierefreiheit gemäß BITV 2.0 verpflichtet.

Auf der Webseite findet sich eine Barrierefreiheitserklärung mit einer Feststellung vom 30. März 2020:

Wann wurde die Erklärung zur Barrierefreiheit erstellt?

Diese Erklärung wurde am 31.03.2020 erstellt bzw. überarbeitet.

Die technische Überprüfung der Barrierefreiheit erfolgte durch Selbstbewertung anhand der BITV/WCAG-Selbstbewertung.

Es wurden mehrere Barrieren festgestellt:

Welche Bereiche sind nicht barrierefrei?

Unvereinbarkeit mit BITV 2.0

Noch bestehende Barrieren:

  • Fehlende Alternativtexte für Bedienelemente und Grafiken
  • Beschränkung der Bildschirmausrichtung
  • Anpassbare Textabstände
  • Kein sichtbarer Fokus
  • Fehlende Alternative für komplexe Zeigergesten
  • Hauptsprache wird nicht angegeben
  • Fehlende leichte Sprache und Gebärdensprache

Wir arbeiten daran, die uns bekannten, bestehenden Barrieren im Rahmen einer Überarbeitung der Dienste bis Mitte des Jahres 2021 zu beheben und somit die Zugänglichkeit der Seite zu verbessern.
https://www.impfterminservice.de/barrierefreiheit, 15.01.2021

 

Einige der Barrieren sind  trivialer Natur, die sich leicht beheben lassen (z.B. die Angabe der Hauptsprache der Seite).  Andere sind erst durch die Entwickler der Seite erzeugt wurden und wären bei einer Einhaltung der Webstandards durch den ausführenden Entwickler/Webdesigner nicht vorhanden (z. B. der nicht sichtbare Tastaturfokus).
Von den in der Erklärung als Mängel aufgelisteten Punkten ist allein das Angebot der leichten Sprache mit einem hohen Aufwand und dem Bedarf von Fachwissen verbunden und könnte daher einige Wochen bis zur Behebung bedürfen.

In der Erklärung wird angekündigt, die Korrekturen erst bis Mitte des Jahres 2021 vorzunehmen – deutlich mehr als ein Jahr nach der Feststellung der Mängel lt. Erklärung.

In einer Anfrage an den Dienstleister KV.Digital antwortete dieser:


„Wie Sie im letzten Absatz sehen, wir arbeiten daran. Wir wurden Mitte November mit dem Impfterminservice beauftragt und mussten aufgrund der Fristen priorisieren. Für alle, die mit der Bedienung nicht zurechtkommen, gibt es die 116117. Wir bitten daher um Nachsicht.“

Diese Aussage passt nicht damit zusammen, dass die Erklärung bereits im März 2020 erstellt wurde. Allerdings befindet sich in der Erklärung auf der Webseite des Impfservices ein Satz, der darauf hinweist, dass die Barrierefreiheitserklärung gar nicht für die Seite selbst gilt:

„Diese Erklärung zur digitalen Barrierefreiheit gilt für die 116117-Dienste Terminsuche, Bereitschaftspraxensuche und Arztsuche.“

Gleichwohl würde dies dann dafür sprechen, dass die Erklärung ungültig ist und durch ihr Vorhalten auf der Impfserviceseite eine Irreführung darstellt.

Des Weiteren wurde in der Antwort von KV.Digital auf eine Priorisierung verwiesen.
Die EU Richtlinie 2102 auf der die BITV 2.0 bzw. die Landesfassung beruht, verweist jedoch ausdrücklich darauf, dass mangelnde Prioritäten nicht als berechtigte Gründe gelten können:

Mangelnde Priorität, Zeit oder Kenntnis sollten nicht als berechtigte Gründe gelten.
Absatz 39, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32016L2102

Aufgrund der hohen Bedeutung und Wichtigkeit des Services für viele Menschen gerade in den ersten Monaten des Jahres 2021 erscheint die Verschiebung der Reparatur von Mängeln der Barrierefreiheit einer Agentur mir nicht richtig zu sein.
Daher meldete ich diesen Umstand heute im Meldeformular der Landesbeauftragten für digitale Barrierefreiheit Berlin in der Hoffnung, dass sich hier etwas tut, da dieses auf der Seite der Barrierefreiheitserklärung angegeben war.
Vielleicht mag es mir ja jemand gleich tun.

Ergänzung vom 18. Januar

Die Berliner Landesbeauftragte für digitale Barrierefreiheit schrieb mir heute, dass die Angabe der Aufsichtsbehörde auf der o.g. Barrierefreiheitserklärung falsch ist. Korrekt wäre dort der Kontakt zur Schlichtungsstelle des Bundes.
An diese hat sie dann dankenswerterweise meine Beschwerde weitergeleitet.